Emil Brix (Director 1995 - 1999): WHO WE ARE

40 Jahre nach seiner Gründung hat das Kulturinstitut London gemeinsam mit britischen jüdischen Organisationen im Herbst 1996 ein mehrwöchiges „Festival of Austrian-Jewish Culture“ veranstaltet. Wir haben uns dabei bemüht, den großen jüdischen Beitrag zu dem, was wir unter österreichischer Kultur verstehen, für ein britisches Publikum erlebbar zu machen. Es ging uns mehr um das kreative Milieu in Wien um 1900 als um den Holocaust. Und in der Gegenwart sollten neue kulturelle Kontakte zwischen den jüdischen Gemeinden in London und in Wien entstehen. Manches ist dabei gelungen, aber in einer Angelegenheit sind wir recht grandios gescheitert. Als einen der Höhepunkte des Festivals haben wir in der ältesten und größten liberalen Synagoge Großbritanniens ein Symposium veranstaltet, um den großen jüdischen Beitrag zur österreichischen Kultur zu feiern. Es geschah ein einem kalten und sonnigen Sonntag im November. Dabei hatte es so gut begonnen. Nach einer klugen und freundlichen Einleitung des Rabbiners der Synagoge und Vorträgen führender Historiker und Germanisten aus Oxford, Cambridge, Brighton und Washington über die intellektuelle Erneuerung der Welt durch Persönlichkeiten wie Herzl, Freud, Mahler und Wittgenstein, passierte es. Wir hatten dem weltberühmten aus Wien emigrierten Kunsthistoriker Ernst Gombrich die folgende Frage gestellt: „Was Vienna in 1900 a Jewish Phenomenon?“. Seine Antwort konnte radikaler nicht sein. Es gäbe keine spezifisch jüdische Kultur. Wer dies dennoch behauptet, würde das Geschäft Hitlers und seiner geistigen Nachfahren betreiben. Die bis heute präsente Diskussion über diese These von Gombrich hatte ein Loch in unsere wunderbar romantische Konzeption des Festivals geschossen, das bis heute nicht geschlossen ist.